Gertje Kollmann
Dingsteder Straße 49 A
26209 Kirchhatten
Telefon 04482-980352

KunsTRaum
Atelier Alte Molkerei
Kirchhatten
geöffnet nach Vereinbarung

 


 

 


 

 

 

 





 

 

 

 

 

 

 

Texte

Eröffnungsrede (Ausschnitt) von Jürgen Weichhardt anlässlich der Ausstellung "Verkörperung", Wildeshausen

 

…Die beiden Werkgruppen - Malerei und eingelegte Fotografie - waren getrennt schon zu sehen gewesen, hier erstmals zusammen, so dass sich neue Fragen vor allem nach dem Gemeinsamen stellen. Ausgangspunkt bei allen Arbeiten ist die Fotografie - auch bei der Malerei. Bei den Arbeiten in Backformen oder Metallkästen liegt es auf der Hand, dass die Fotografie am Anfang steht, allerdings nicht so direkt, wie es scheint, Die Fotos sind nicht beliebig ausgewählt. Gertje Kollmann bevorzugt einen Umweg und fotografiert vom Fernseher ab, was sie vom Thema her aufregt oder stört, und das isolierte, von Berichten und Dokumentationen getrennte Foto wird bearbeitet. Für einen solchen Weg, den TV Apparat positiv zu nutzen, gibt es Vorbilder. Namhafte Künstler haben fremde Fotografien verwendet.(Thomas Ruff hat Porno-Motive aus dem Internet aufgenommen und in der Kestner Gesellschaft Hannover als seine Fotografien, was sie auch sind, gezeigt. Auch für Sigmar Polke war die Verwendung banaler Fotos selbstverständlich). Aber keiner hat sie zu Süßspeisen verarbeitet. Gertje Kollmann geht also einen Schritt weiter. Die seit anderthalb Jahren virulente Missbrauchsdebatte hat die Künstlerin zu den Aufnahmen angeregt, sie hat solche Bilder ab fotografiert die das Thema assoziieren können.

Der Prozess, der nach dem Auswählen und Abfotografieren erfolgt, ist das spezifische dieser Kunstwerke: Eingeschlossen in ein Backblech werden die Fotografiens Nach den Worten der Künstlerin“ Eingelegt“, eben nicht in Essig oder Öl wie Heringe, sondern in Götterspeise, grünen Wackelpudding, der vom Namen her wie eine Ironische Keule auf den scheinbar harmlosen Inhalt der Fotografie und damit auf die Problematik und ihre Behandlung wirkt.

 

 

Diese Arbeit ist hintergründiger, als sie aussieht. Sie spielt nicht nur mit der eigentümlichen und von Erwachsenen vorgetäuscht Oder in Anspruch genommenen Vertraulichkeit, die zum Inhalt sowohl der Foto wie der Vorfälle gehört, nicht nur mit der Süße des Vergnügen oder der heimlichen Lust, auch mit dem Verbot, denn die Götterspeise ist nicht mehr genießbar, sobald eine Fotografie ihr unterlegt wird. Man könnte die Arbeiten als köstlichen Einfall mit verbotener Speise bezeichnen, sie sind aber bittere Kommentare auf Vorgänge und Zustände, die Außenstehende nicht für möglich gehalten haben.

Als Kennzeichen der Moderne hat Ernst Bloch, der große Philosoph, die „Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen“ genannt. Dieses Kennzeichen finden wir auch in der freilich sehr vergänglichen eingelegten Fotografie von Gertje Kollmann, denn ungleichzeitig sind wenigstens drei Komponenten: der Film im Fernsehen, Die Fotografie der Künstlerin und der chemische Prozess im Backblech mit der Götterspeise. Erst hier sieht der Betrachter das Objekt und muss die ganze Entwicklung der Arbeit von hinten aufrollen, will er nicht beim süßen Gift der Götterspeise bleiben.

Handelt es sich hier um einen durchdachten Kunstprozess, so sind in der Malerei von Gertje Kollmann Spontanität und Emotionen bestimmend. Malerei ist- Auch wenn sie schnell entsteht - auf Dauer angelegt. Bei der Kopf Reihe ist wichtig, dass die Köpfe paarweise gesehen werden, und sich darüber hinaus Gruppen ergeben können. die Künstlerin malt also nicht einfach Portraits, sondern Korrespondenzen zwischen den einzelnen. Wir erkennen Unterschiede im Ausdruck einzelner Gesichter und gleichzeitig die farbigen Verbindungen zwischen mehreren Köpfen.